Hyperaktivität
von Ahrbeck Bernd


Im von Bernd Ahrbeck herausgegebenen Band
„Hyperaktivität“, Kulturtheorie, Pädagogik, Therapie, wird in sieben psychoanalytisch orientieren Beiträgen dezidiert gegen das gängige Deutungsmuster Position bezogen, das von einem genetisch bedingten Neurotransmittermangel als Ursache der Hyperaktivität ausgeht.

Statt dessen wird eine interaktionistische Perspektive erwähnt, die vom Verhältnis von Erfahrung und Hirnentwicklung ausgeht. Danach liefere, so die Autoren, der Nachweis hirnphysiologischer Abweichungen keinen Beweis für die genetische Verursachung von ADHS, seien doch hirnfunktionelle Prozesse hochgradig erfahrungsbedingt.

Der Autor beschreibt den gegenwärtigen Trend als einen der ‚Rebiologisierung'. Man versuche darin, durch vermeintlich gesicherte neurobiologische Modelle eindeutige Erklärungen anzubieten und somit eine Entlastung der Betroffenen zu schaffen. Damit gehe aber auch eine Konfliktvermeidung einher, da man nicht mehr an den lebensgeschichtlichen Bedingungen, sondern an den Symptomen ansetze! Dadurch vermeide man jedoch eine verstehende und zwangsläufig auch konflikthafte Auseinandersetzung.

Ahrbeck und die im Sammelband vereinigten Autoren sehen im medizinischen Erklärungsmodell das Problem, da es mit der Forderung nach einer Medikation einhergehe. Damit würde aber auch ein verstehender Zugang zu den problematischen, möglicherweise aber auch „plausiblen“ Verhaltensweisen hyperaktiver Kinder verhindert!

Über den Autor

Bernd Ahrbeck ist Professor für Rehabilitationswissenschaften mit dem Schwerpunkt Verhaltensauffälligenpädagogik an der Humboldt-Universität zu Berlin und zugleich Psychoanalytiker.